Steuerliche Unterschiede einer AG vs. Einzelfirma

Empfehlung? Sich über die möglichen Konsequenzen professionell beraten lassen.

 

 

Eine Praxis als Kapitalgesellschaft bzw. AG (Aktiengesellschaft) oder GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) zu betreiben, erscheint immer mehr Ärztinnen und Ärzten als attraktive Unternehmensform. Nebst sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Unterschieden während der Erwerbstätigkeit ergeben sich auch bei einer Nachfolgeregelung grosse Unterschiede zwischen einer Kapitalgesellschaft und der klassischen Einzelfirma.

Herr Ceccon, was gilt es insbesondere aus Sicht der Käuferin oder des Käufers bei der Übernahme einer AG oder GmbH zu beachten?
Als Beispiel betrachten wir den Kauf einer Praxis AG zum Wert von CHF 500‘000 bei einem Aktien-Nennwert von CHF 100‘000. Wobei Einrichtung und Geräte einen materiellen Wert von CHF 100‘000 aufweisen und der immaterielle Wert (Goodwill) CHF 400‘000 beträgt.

Die Käuferin oder der Käufer kauft die Kapitalgesellschaft mit dem Privatvermögen und besitzt sodann im Vermögen Aktien im Wert von CHF 500‘000. Sie oder er hat keine Möglichkeit, den Kaufpreis während der Erwerbsphase abzuschreiben. Am Ende der Erwerbsphase bestimmt der Markt, wie hoch die Aktien bewertet werden. Entweder erhält die Käuferin oder der Käufer den gleichen Veräusserungspreis, den er wie er damals bezahlt hat, oder es gibt bei tieferem Wert einen steuerfreien Kapitalverlust oder bei höherem Wert einen steuerfreien Kapitalgewinn.

Welche Vor- und Nachteile gibt es bei der Übernahme einer Einzelfirma?
Auch hier nehmen wir wieder das Beispiel einer Praxis, welche als Einzelfirma geführt wurde, mit einem materiellen Wert von CHF 100‘000 und einem immateriellen Wert (Goodwill) von CHF 400‘000.

Die Käuferin oder der Käufer der Praxis kauft die Praxis mit dem Privatvermögen und legt diese Investition in ihr/sein Geschäft (Privateinlage). Diese Investition wird in der Buchhaltung unter den Aktiven in zwei Positionen unterteilt, die CHF 100‘000 unter materiellen Werten und die CHF 400‘000.unter den immateriellen Werten. Nun kann sie/er diese Werte abschreiben, die materiellen Werte je nachdem zwischen 15 und 35% degressiv, den immateriellen Wert linear pro Jahr 1/5. Das sind um die CHF 100‘000 während den ersten 5 Jahren, welche gewinnmindernd und somit steuermindernd in Abzug gebracht werden können. Betrachten wir die Einkommenssteuern bei mittleren ärztlichen Einnahmen im kantonalen Durchschnitt, sind dies um 25% Steuerersparnis und rund 10% AHV-Ersparnis, was gut und gerne pro Jahr CHF 35‘000 an tieferen Abgaben (Steuern und AHV) ausmacht. Auf die Abschreibezeit von 5 Jahren der immateriellen Werte bezogen beträgt die gesamte Ersparnis rund CHF 175‘000.

Die Abschreibungen sind ebenfalls von der AHV befreit, da die AHV-Beiträge nur auf dem Gewinn nach Abschreibungen der Einzelfi rma erhoben werden.

Wieso diese unterschiedliche Behandlung und was ist aus Sicht des Gesetzgebers zu berücksichtigen?
Kapitalgewinne aus dem Verkauf von beweglichem privatem Vermögen (Wertpapiere) sind grundsätzlich steuerfrei. Dies gilt auch für Aktienanteile der eigenen AG. Demzufolge kann die Käuferin oder der Käufer keine Steuern in Abzug bringen.

Fazit bei Kauf einer Kapitalgesellschaft: Für die Steuerverwaltung bleibt der Kauf/Verkauf steuerneutral, grosser Vorteil für die Verkäuferin oder den Verkäufer, jedoch grosser Nachteil für die Käuferin oder den Käufer.

Bei der Einzelfi rma hingegen bezahlt die Verkäuferin oder der Verkäufer die privilegierte Liquidationssteuer und den AHV-Beitrag auf den Liquidationsgewinn. Im Gegenzug kann die Käuferin oder der Käufer Einkommenssteuer und AHV-Beiträge in Abzug bringen.

Fazit bei Einzelunternehmen: Für die Steuerverwaltung nachteilig, da das Delta der zu bezahlenden Liquidationssteuern versus die gesparten Einkommenssteuern gut und gerne 1/5 ausmachen kann, somit kleiner Nachteil für die Verkäuferin oder den Verkäufer, aber grosser Vorteil für die Käuferin oder den Käufer.

Was ist Ihre Empfehlung?
Verkäufer/in und Käufer/in sollten sich gemeinsam über die möglichen Konsequenzen bei einer Nachfolgeregelung und bei der Rechtsform beraten lassen.

Zur Person
Jean-Pierre Ceccon ist Eidg. dipl. Finanzplanungs-Experte, Financial Planner CFP© sowie Dipl. Steuerberater NDS HR

Ceccon Consulting & Partner AG*
Baselstrasse 10
4222 Zwingen
Telefon 061 261 08 08
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www.fmhtreuhand.ch

*Ceccon Consulting & Partner AG ist ein von der FMH Services Genossenschaft empfohlenes, rechtlich und wirtschaftlich selbstständiges Beratungsunternehmen.

 

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