Plötzlich Arbeitgeber: Kompetente Personal- und Lohnadministration

Mit der Eröffnung oder Übernahme einer Arztpraxis übernehmen Jungunternehmer Verantwortung für Personal und somit auch Pflichten.

 

 

Bei der Lohnadministration spielen nebst arbeitsrechtlichen Aspekten zusätzlich das Steuer- sowie das Sozialversicherungsrecht eine wichtige und nicht zu unterschätzende Rolle. Darum ist profundes Wissen und sorgfältiges Arbeiten von zentraler Bedeutung. Josia Röhm, Vertrauenspartner FMH Services (Treuhand) und Leiter Treuhand bei der TRETOR AG*, gibt Auskunft.

Herr Röhm, Sie unterstützen Ärztinnenund Ärzte bei der korrekten Abwicklung der Personal- und Lohnadministration. Welche grundsätzliche Empfehlung geben Sie Jungunternehmer beim Eintritt in die Selbständigkeit mit auf den Weg?
Die Wahrung der Gesetzeskonformität im Zusammenhang mit der Personal- und Lohnadministration über die gesamte Anstellungsdauer bildet ein zentrales Element der Praxisfinanzen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist gut qualifiziertes Personal für Dienstleister ein sehr wichtiger Faktor. Das Vertrauen in eine funktionierende Personaladministration stärkt die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und somit auch die Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten.

Was gilt es bei der Übernahme von Mitarbeitenden zu berücksichtigen?
Im Rahmen einer Praxisübernahme gehen die Anstellungsverhältnisse des bisherigen Personals, sofern dieses es nicht ablehnt, mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Praxisinhaber über. Dieser haftet mit dem alten Praxisinhaber solidarisch für die Forderungen der Arbeitnehmenden, auch wenn diese bereits vor dem Übergang fällig geworden sind. Deshalb ist diesem Element in einem Praxisübernahmevertrag besondere Beachtung zu schenken.

Welche Form des Arbeitsvertrages ist erforderlich und was wird darin geregelt?
Obwohl in der Schweiz ein Arbeitsvertrag auch mündlich zustande kommen kann, ist die Schriftlichkeit jederzeit zu bevorzugen. Nebst den üblichen Punkten wie der Dauer des Anstellungsverhältnisses, dem Pensum und dem Lohn empfiehlt es sich, darin folgende wichtige Punkte zu regeln (nicht abschliessend):

  • Betriebliche Arbeitszeit und Abgeltung von Überstunden
  • Sorgfaltspflicht des Arbeitnehmers und Wahrung des Berufsgeheimnisses
  • Lohnfortzahlung bei Krankheit, Unfall, Mutterschaft
  • Pikettdienst
  • Ferien und Urlaubstage
  • Kündigungsfristen

Bei grösseren Praxen können allgemeingültige Punkte auch in einem separaten Anstellungsreglement geregelt werden. Die Anstellungsverhältnisse von Lernenden richten sich nach den kantonalen Empfehlungen.

Was ist nebst der Erstellung des Arbeitsvertrags bei der Anstellung zusätzlich zu beachten?
Bei ausländischen Mitarbeitenden ist gemäss Ausweis und aktuellen Verhältnissen die Quellensteuerpflicht zu überprüfen, dies gilt ebenfalls für Grenzgänger. Eine vollständige und pünktliche Kommunikation der jeweiligen Personaldaten ist unerlässlich, da für die korrekte Ablieferung der Quellensteuer der Arbeitgeber haftet.

Welche sind entscheidende Punkte während der Dauer des Anstellungsverhältnisses?

  • Die zeitgerechte und korrekte Lohnauszahlung ist oberstes Ziel als Arbeitgeber.
  • Wo immer möglich sollen Monatslöhne vereinbart werden, da diese in der allgemeinen Lohnabwicklung sowie für die Abwicklung der Sozialversicherungen weniger fehleranfällig sind.
  • Die Mitarbeitenden sind stets darauf aufmerksam zu machen, dass sie Änderungen der persönlichen Situation mitteilen, damit allfällige Mutationen in der Lohnbuchhaltung vorgenommen werden können (z. B. Heirat, Umzug, etc.).
  • Gewährte Spesen und Zulagen sind vorgängig auf die Vereinbarkeit mit dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht zu prüfen.
  • Unerwartete Ansprüche an die Auszahlung von Überstunden können dann entstehen, wenn die Arbeitszeiterfassung nicht oder nicht lückenlos geführt und insbesondere kontrolliert wird. Hierfür besteht eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht, die in den vergangenen Jahren deutlich an Gewicht zugenommen hat.
  • Korrekte und transparente Anwendung und Umsetzung von Lohnfortzahlungen bei unverschuldeter Abwesenheit infolge Krankheit, Unfall oder Mutterschaft.
  • Am Jahresende gilt es, mit den Sozialversicherungen korrekt abzurechnen und einen richtigen Lohnausweis zu erstellen. Nicht selten stellen wir fest, dass gerade der Erstellung des Lohnausweises, dem der Stellenwert einer Urkunde zukommt, zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Was ist für die Beendigung eines Anstellungsverhältnisses relevant?
Nach Beendigung der Probezeit kann ein Anstellungsverhältnis entweder in gegenseitigem Einvernehmen aufgehoben oder von einer der beiden Parteien innerhalb der vertraglichen Kündigungsfrist gekündet werden. Der Arbeitgeber hat zu berücksichtigen, dass das Anstellungsverhältnis seitens des Arbeitgebers nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt gekündet werden darf. Es gibt sogenannte Unzeiten, während derer eine allfällige Kündigung nichtig ist. Ein Austritt muss bei der zuständigen Pensionskasse gemeldet werden. Zudem sind mit der letzten Lohnabrechnung allfällige Überstunden oder Restferien abzurechnen.

 

Zur Person
Josia Röhm ist Dipl. Wirtschaftsprüfer und BSc in Betriebsökonomie

TRETOR AG*
Industriestrasse 7
4410 Liestal
Telefon 061 926 83 83
mail@fmhtreuhand.ch
www.fmhtreuhand.ch

*TRETOR AG ist ein von der FMH Services Genossenschaft empfohlenes, rechtlich und wirtschaftlich selbstständiges Beratungsunternehmen.

 

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