Marketing Check-up für Gesundheitsanbieter

Welche Anforderungen sollten Marketing und Kommunikation erfüllen, welche Regeln müssen eingehalten werden? 

 

 

Marketing und Kommunikation für Gesundheitsanbieter gewinnen an Bedeutung. Konkurrenz- und Kostendruck, digitaler Wandel, veränderte Erwartungen von Patientinnen und Patienten und das zuweilen unter Druck stehende Image der Ärzteschaft bedingen kompetenzvermittelnde und vertrauensbildende Massnahmen. Ärztinnen und Ärzte sind zunehmend unternehmerisch gefordert. Von sich ändernden sozialen Normen und von Patienten, die sich wie Kunden verhalten.

Dr. Meier, Facharzt für Chirurgie, ist nicht gleich Dr. Müller, Facharzt für Chirurgie. Wie die beiden, ihre Leistungen und ihre Praxen wahrgenommen werden, objektiv wie subjektiv, rational wie emotional, wird im Marketing mit dem Begriff «Image» umschrieben. Je authentischer, differenzierter und positiver die Wahrnehmung von Dr. Meier oder Dr. Müller ist, desto stärker ist das jeweilige «Image».

Arzt-Patienten-Beziehung im Wandel
Sie als Ärztin oder Arzt mögen protestieren. Sie sind Gesundheitsversorger, nicht Anbieter irgendwelcher Dienstleistungen. Image, Marketing? Nichts für Sie.

Doch das Zeitalter der mündigen Patientinnen und Patienten und der digitalen Veränderungen ist längst angebrochen. Professionelles Gesundheitsmarketing stellt Weichen für die Zukunft. Welche Anforderungensollten Marketing und Kommunikation erfüllen, welche Regeln müssen eingehalten werden? Und wie lassen sich die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten und die Möglichkeiten der eigenen Praxis oder Klinik in Einklang bringen? Wir zeigen auf, wie man zum Nutzen der Patienten und der Ärzteschaft eine Praxis, ein Gesundheitszentrum oder eine Klinik wirksam und unverwechselbar im Gesundheitswesen positionieren kann.

Der Arzt hat das Sagen. Der Patient auch.
Marketing und «ärztliche Berufsethik» sind heute längst kein Widerspruch mehr. So wie Gesellschaft, Wirtschaft, Technologie und Medizin im Wandel stehen, verändert sich auch das Anforderungsprofil der zeitgemässen Arzt-Patienten-Beziehung.

Ob jung oder alt, Patienten sind informierter, mündigerund anspruchsvoller und werden es künftig noch stärker sein. Sie informieren sich über Gesundheitsanbieter und deren Angebote, prüfen diese kritisch und besprechen ihre Rechercheergebnisse in Foren. Sie wollen sich am gesamten Behandlungsprozess beteiligen: von der Prävention bis zur Nachsorge. Sie entscheiden mit, wem sie sich anvertrauen, aber auch, welche Kompetenzen und Leistungen für sie aus medizinischer und emotionaler Sicht wichtig sind. Neue Technologien helfen ihnen dabei, ihre Krankheit, ihre Gesundheit, ihre psychologischen und physiologischen Bedürfnisse besser zu verstehen.

Oft geht es dabei nicht einmal darum, eine Krankheit zu heilen oder Leiden zu lindern. Die Informationen dienen auch dazu, die Gesundheit zu fördern, zu bewahren, das Wohlbefinden zu verbessern und Potenziale zu erweitern.

Ärztinnen und Ärzte in der Zwickmühle
Weiter setzt der Bund auf mehr Wettbewerb, damit die Gesundheitskosten sinken. Stationäre Leistungen werden in den ambulanten Bereich verschoben. Neue Gesundheitszentren werben um Patientinnen und Patienten. Die Tendenz zur Deregulierung und Digitalisierung ist augenfällig.

Als Gesundheitsanbieter gilt es nun stärker denn je, sich mittels eines differenzierten Verständnisses für die zukünftigen Gesundheitsbedürfnisse klar zu positionieren und über die eigene Haltung sowie die spezifischen Kompetenzen sachgerecht zu berichten. Dies schafft Vertrauen. Getreu dem alten Motto «Tue Gutes und sprich darüber».

Kommunikation, die Ärzte und Patienten verbindet
Hier kommt das Marketing ins Spiel. Es ergänzt die ärztlichen Kernaufgaben der medizinischen Untersuchung, Diagnose und Behandlung um den Aspekt der patientenorientierten und unternehmerischen Praxisführung.

Am Anfang steht dabei die professionelle Marktanalyse. Ihr folgt die unternehmerische Strategieentwicklung. Sie berücksichtigt die Veränderungen des Gesundheitsmarktes, die Zentralisierungs- und Konsolidierungstendenzen, neue Versorgungskonzepteund Geschäftsmodelle und die gewandelten gesellschaftlichen Bedürfnisse.

Dann werden die gewonnenen Informationen kritisch geprüft, nach eigenen Wünschen und Möglichkeiten umgesetzt und die Botschaften ausgesendet: auf denjenigen Kanälen, welche die Zielgruppen am besten erreichen, und in der Sprache, die diese am besten verstehen. Lassen Sie sich auf eine Kommunikation mit Ihren Patientinnen und Patienten ein.

Beim ärztlichen Marketing geht es letztlich um den vertrauensbildenden Dialog zwischen «werbenden» Ärzten und informationssuchenden Patienten. Es geht um eine Kommunikation, die Ärzte und Patienten zusammenbringen soll.

Definieren Sie sich: Es gibt keine Nicht-Kommunikation
Auch wenn so mancher Praxisinhaberin und so manchem Praxisinhaber die Zeit fehlt, sich mit Marketing zu befassen: Die Image-Bildung geschieht dennoch. Oder wie es Paul Watzlawick so treffend ausgedrückt hat: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Zielführender für die Bildung der gewünschten Positionierung und Aussenwirkung ist es, wenn Gesundheitsanbieter entsprechend ihren Rahmenbedingungen und ihren Zielen eine für sie geeignete Marketing- und Kommunikationsstrategie entwickeln.

In einem ersten Schritt kann ein strukturierter Fragenkatalog helfen, sich über die eigenen Stärken und Qualitäten klar zu werden (Abb. 1). Wofür stehen Sie als Ärztin und wofür steht Ihre Praxis? Vielleicht als Ärztin, die mit neuesten Technologien in einer modernen Praxis arbeitet? Oder als jemand, der gerne ältere Patienten mit besonderer Empathie begleitet? Oder legt Ihr Praxisteam den Fokus auf die ergänzenden Möglichkeiten der komplementären Medizin? Fragen Sie sich, ob es weitere emotionale, soziale und situative Faktoren in Ihrer Praxis gibt, die Sie differenzieren: Was machen Sie aus Patientensicht anders, zeitgemässer? Dabei geht es nicht nur um die medizinischen Leistungen, sondern gerade auch um unterstützende Aspekte wie beispielsweise besonders kurze Warte- und lange Öffnungszeiten, telemedizinische und komplementärmedizinische Angebote oder die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte freundlich und verständlich zu erklären.

Sind diese Fragen beantwortet, kann man sich unterBerücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen der ärztlichen Kommunikationsplanung, den konkreten Inhalten und der Gestaltung widmen.

Welche Informationen für wen, das ist die Frage
Überlegen Sie sich genau, welche Kernbotschaften Sie welchen Anspruchsgruppen vermitteln möchten, welche Informationen Patientinnen, Patienten, Angehörige und Zuweiser suchen und wie Sie diese Informationen am besten einfach zugänglich machen und visuell darstellen.

Die rechtlichen Grundlagen sind klar
Die rechtlichen Grundlagen ärztlicher Werbung sollen insbesondere den Patientenschutz gewährleisten und eine Kommerzialisierung des Arztberufs verhindern, sodass Patienten nicht unter-, über- und fehlversorgt werden.

Die Zulässigkeit von Gesundheitswerbung beurteilt sich nach verschiedenen rechtlichen Grundlagen:

  • dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Gesetz gegen unlauteres Verhalten oder Geschäftsgebaren); betrifft Spitäler, Kliniken und ähnliche Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • den Vorschriften des Medizinalberufegesetzes (Art. 40 lit. d MedBG); betrifft selbstständig tätige Ärzte
  • den kantonalen Gesundheitsgesetzen
  • der Standesordnung der FMH, sie betrifft FMH-Mitglieder
  • den FMH-Richtlinien (Anhang 2 der FMH-Standesordnung)

Die Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen erfolgt dann vor allem durch die kantonalen Ärztegesellschaften und die kantonalen Richtlinien der Gesundheitsdirektion.

Man darf mehr kommunizieren, als man denkt
Das Medizinalberufegesetz, die Standesordnung der FMH sowie der Anhang zur Standesordnung lassen Information und Werbung grundsätzlich zu, sofern sie:

  • sachlich und objektiv ist,
  • dem öffentlichen Bedürfnis entspricht,
  • weder irreführend noch aufdringlich ist,
  • nicht der Selbstanpreisung der eigenen Person dient,
  • die eigene ärztliche Tätigkeit nicht in aufdringlicher Weise darstellt,
  • nicht darauf abzielt, die Patientinnen und Patienten zu medizinischen Eingriffen zu verleiten, deren sie objektiv nicht bedürfen,
  • das Ansehen des Arztberufs nicht beeinträchtigen.

Damit unterscheiden sich die rechtlichen Grundlagen im Gesundheitsbereich kaum von denen anderer Branchen, denn irreführende Werbung, unlautere geschäftliche Handlungen und die spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Mitbewerbern, Kunden oder sonstigen Marktteilnehmern sind auch dort rechtswidrig.

Kommunikationsplanung zieht sich off- und online durch
Die wirksame ärztliche Kommunikation ist sachlich, authentisch und konsistent. Sie richtet sich direkt an ihre Zielgruppen und deren Bedürfnisse und soll möglichst gleichzeitig auf verschiedenen Kanälen online und offline erscheinen. Wenn die Kommunikation den Betrachter zudem noch belohnt, weil sie nicht nur informativ, sondern auch noch inspirierend und ansprechend ist – umso besser.

Das gesamte Patientenerlebnis, alles, was von einer Praxis oder einer Klinik wahrgenommen wird, von der Telefonansprache, der Kommunikation am Empfang über die Praxisgestaltung bis hin zur ärztlichen Behandlung, ist letztlich entscheidend für das Image der Praxis und für die emotionale Bindung, die zwischen Patient und Arzt entsteht. Nicht nur die medizinische Leistungsqualität, sondern vor allem auch Aspekte wie Empathie, zeitliche Verfügbarkeit oder geteilte Werte führen zu Aufmerksamkeit und fördern das Vertrauen und die Patientenzufriedenheit.

Fünf Medien für einen starken Auftritt
Bei der Kommunikationsplanung für Arztpraxen werden fünf Arten von Medien oder Werbeträgern unterschieden, die je nach Situationen, Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten kombiniert werden:

  1. Digitale Medien
  2. Printmedien
  3. Medien der Aussenwerbung
  4. Medien der Direktwerbung
  5. Live-Kommunikation

So können Sie beispielsweise eine Praxiseröffnung mit einer suchmaschinenoptimierten Website, Anzeigen in Amtsblättern und einem Mailing zuhanden der Kollegen und Zuweiser einleiten. Sie können aber auch zusätzlich mit Google AdWords und gezieltem Suchmaschinenmarketing die Eröffnungsphase begleiten. Auch Live-Kommunikation in Form von Publikumsvorträgen hat immer noch einen grossen Stellenwert.

Die Website: Dreh- und Angelpunkt
Eine Praxiswebsite soll primär der Information der Patienten, Angehörigen und Zuweiser dienen und es diesen erleichtern, die für sie geeignete Ärztin zu finden. Natürlich ist das Ziel jedes Website-Inhabers, dass er möglichst hoch im Google Ranking gelistet wird. Über 200 Parameter bestimmten das Ranking Google. Die Details des Google Algorithmus sind unbekannt, aber eines ist klar: «Content is king», d. h., interessanter und sachgerechter Text wird belohnt. Je relevanter die Inhalte für die Zuweiser und Patienten und ihre Suchkriterien, desto höher erscheint die Website im Google Ranking. Andere Faktoren, die das Google Ranking beeinflussen, sind:

die umfassende Darstellung des Angebots wie:

  • Sprechstunden, Untersuchungen und Behandlungen
  • Praxiseinrichtungen
  • Zusammenarbeitsformen und Zusammenarbeitspartner
  • zusätzliche Leistungsbereiche wie komplementäre Medizin

das Team mit Namen und akademischen Titeln sowie:

  • Facharzttitel FMH bzw. «Praktischer Arzt / Praktische Ärztin» oder «Diplomierter Arzt / Diplomierte Ärztin» gem. Weiterbildungsordnung
  • absolvierte Weiterbildungen
  • Mitgliedschaften
  • gesprochene Sprachen
  • Zertifizierungen
  • Öffnungszeiten, Kontaktangaben, Anfahrt
  • Praxisrundgang
  • Informationen über den Praxisablauf
  • Aktuelle Informationen (Blog, Newsletter)
  • Telemedizinische Leistungen wie Online-Termine oder e-Rezepte
  • Offene Stellen
  • Glossar medizinischer Begriffe
  • Fragen und Antworten
  • Impressum
  • Datenschutzhinweise
  • Verlinkung mit Ärzteverzeichnissen und Bewertungsplattformen
  • Verlinkung mit Zusammenarbeitspartnern

Wer Online-Medien in der Praxis professionell nutzen will, muss bei der digitalen Kommunikation gewisse Sicherheitsvorkehrungen treffen. Dank spezieller Verschlüsselungstechnologien können Patientendaten (Einweisungszeugnisse, Befunde, Austrittsberichte etc.) bequem und datenschutzkonform via E-Mail oder Messenger übermittelt werden, ohne dass sie von Dritten eingesehen werden können.

Social Media ja, aber aufgepasst
Social Media wie Facebook, Twitter, Xing, LinkedIn, YouTube oder Instagram können individuell und den Bedu¨rfnissen der Patienten entsprechend thematisch relevant eingesetzt werden. Im Umgang mit sozialen Medien ist besondere Vorsicht geboten bei der persönlichen Meinungsäusserung, bei vertraulichen Informationen und bei Bildern sowie privaten Aussagen zu Gesundheitsfragen. Dies gilt insbesondere, wenn diese nicht von der Ärzteschaft selber formuliert und gepostet wurden, aber von der Leserinsolchermassen interpretiert werden können. Um Vorfälle mit juristischen Konsequenzen zu vermeiden, sollten Diagnosen und Behandlungen nie via Social Media vermittelt oder kommentiert werden.

Publireportagen in Printmedien neu erlaubt
Bei Printmedien wie Fachzeitschriften, Zeitungen, Geschäftsdrucksachen oder Praxisbroschüren gelten die gleichen Bedingungen bezüglich zulässiger Inhalte wie im Online-Bereich. Bei einer Praxisgründung oder Änderungen im Leistungsangebot dürfen Anzeigen zur Information der lokalen Bevölkerung offline und online geschaltet werden. Kolleginnen und Kollegen dürfen mit einem Rundschreiben informiert werden; die breite Bevölkerung jedoch nicht. Publireportagen sind neuerdings auch für die ambulant tätigen Ärzte gestattet.

Fazit: Die Richtung ist vorgezeichnet
Die Beziehung zwischen Patienten und Ärzten ähnelt heutzutage zunehmend einer klassischen Kunden-Dienstleister-Beziehung. Daher dürfen und sollen Leistungen und Kompetenzen von Ärzten, Praxen und Kliniken gezielt – sachlich, informativ und ansprechend – im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten professionell kommuniziert werden. Eine vertrauensbildende Marketingstrategie und Kommunikationsplanung, die unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Praxisinhaber und der Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten die unterschiedlichen Anforderungen kombiniert, ermöglicht einen Gewinn für beide Seiten.

Der Lumina Health Brandingprozess©

 

10 Fragen zum ärztlichen Marketing

  1. Wie entwickelt sich das für Sie relevante Gesundheitsmarktumfeld in den kommenden fünf Jahren?
  2. Welches sind Ihre wichtigsten Kunden- bzw. Patientensegmente und welche Bedürfnisse haben diese heute und zukünftig, rational und emotional?
  3. Welches sind Ihre Leistungen und welchen funktionalen und emotionalen Nutzen erbringen diese für die Patientinnen und Patienten?
  4. Welches ist Ihre Unternehmensvision für das Jahr 2025?
  5. Wie sollen Sie und Ihr Angebot von den Patienten zukünftig erfahren und beschrieben werden?
  6. Wer sind Ihre wichtigsten Mitbewerber und wie stehen Sie und Ihre Praxis oder Klinik im Vergleich dazu?
  7. Welches sind aus Patienten- und Zuweisersicht Ihre Vorzüge?
  8. Welches sind mögliche Schwächen oder Risiken?
  9. Auf welchen Kanälen kommunizieren Sie heute und zukünftig effektiv mit Ihren Zielgruppen?
  10. Wie erfahren Ihre Zielgruppen von Ihrer Praxis, Ihren Kompetenzen und Ihrer Haltung?

 

Zur Person
Tarja Zingg, Geschäftsführerin, Dr. oec. publ., Bachelor Design and Visual Communication

Lumina Health, Agentur für Gesundheitsmarketing
Wolfbachstrasse 1
8032 Zürich
Telefon 043 497 98 66
tarja.zingg@lumina-health.ch
www.lumina-health.ch

 

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