Die Voraussetzungen der OKP-Zulassung und die Höchstzahlen

Wer als Ärztin/Arzt fachlich eigenverantwortlich tätig sein möchte, benötigt eine entsprechende Berufsausübungsbewilligung des Tätigkeitskantons. Seit dem 1. Januar 2022 liegt es zusätzlich in der Kompetenz der Kantone, die Zulassung für die Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zu überprüfen und zu erteilen. Des Weiteren kann eine weitere Hürde für die fachlich eigenverantwortliche Tätigkeit hinzukommen: die «Höchstzahlen». Zu beachten ist: Die nachfolgenden Ausführungen betreffen den Stand in Sachen Zulassungssteuerung per Dezember 2023.

Frau Geisseler, wie sehen für Sie als Spezialistin für Bewilligungen derzeit die Herausforderungen bezüglich der Höchstzahlen aus?
Aufgrund der schwierigen Umsetzung auf Verordnungsstufe sowie der Eruierung der Faktoren, welche in Bezug auf die Höchstzahlen zu berücksichtigen sind, haben wenige deutschsprachige Kantone bis anhin Höchstzahlen festgelegt. Die Definition der Faktoren zur Festlegung der Höchstzahlen stellt eine Herausforderung dar, weil vorab das Angebot an Ärztinnen und Ärzten im ambulanten Bereich (Spital, spitalambulante und ambulante Praxis), die Herleitung je eines Versorgungsgrades nach Region und Fachgebiet wie auch ein Gewichtungsfaktor festzulegen ist. Daraus ergibt sich die entsprechende Höchstzahl oder auch Vollzeitäquivalenz (VÄZ). Beispielsweise kann es eine Herausforderung sein, wie in Bezug auf die VÄZ eine Ärztin betrachtet wird, welche sich derzeit im Mutterschaftsurlaub befindet und danach ihr Pensum verändern möchte.


Gibt es bereits kantonale Erfahrungen in Bezug auf die Höchstzahlen?
Beispielsweise haben die beiden Kantone Basel-Land und Basel-Stadt per 1. April 2022 eine Vollzugsverordnung erlassen, in welcher die Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich aufgrund der Arbeitszeit in Vollzeitäquivalenten festgelegt sind. Diese Verordnung wurde jedoch in Basel-Land am 18. Januar 2023 nach einem Gerichtsprozess wieder aufgehoben, da das übliche Gesetzgebungsverfahren nicht eingehalten wurde. Für den Kanton Basel-Stadt gilt die Vollzugsverordnung nach wie vor. 

In Basel-Stadt darf nun gemäss § 4 Abs. 1 dieser Verordnung beispielsweise eine OKP-Zulassung übertragen werden, wenn die Übernahme im selben Fachgebiet und in derselben Gemeinde stattfindet sowie der Antrag zur Übernahme innerhalb von drei Monaten seit Aufgabe der Praxistätigkeit des Vorgängers / der Vorgängerin bei der Gesundheitsdirektion eingeht. Dies ist aber nicht zwingend in jedem Kanton der Fall; so verneint der Kanton Zug derzeit eine Praxisübergabe in den Fachgebieten mit Höchstzahlen.

Ein anderes Beispiel kommt aus Genf: Dort wurden Wartelisten eingeführt. Deren Problematik ist es, dass das Mitspracherecht der Praxisinhaber und Praxisinhaberinnen eingeschränkt ist, da grundsätzlich immer die Person auf der Position eins der Warteliste als nächster Kandidat oder nächste Kandidatin die Praxis übernehmen darf.

Was muss ich also beachten, wenn ich eine Praxis gründen oder übernehmen will?
Die gesamte Bewilligungsthematik spielt eine enorm wichtige Rolle bei der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit im ambulanten Bereich und auch im Rahmen der Praxisübergabe. Je nach Handhabung der Höchstzahlen kann eine fliessende Übergabe einer Arztpraxis erschwert werden. Die Verkäuferschaft unterliegt der Besitzstandsgarantie in Bezug auf die OKP-Zulassung, so dass je nach Kanton zugunsten der Käuferschaft darauf verzichtet werden müsste. Dies sollte so auch in einen Praxisübernahmevertrag einfliessen. Bei der Praxiseröffnung gilt es das Thema der Bewilligung und der Höchstzahlen frühzeitig anzugehen. Gerade auf die Höchstzahlen ist ein enormes Augenmerk zu legen, wobei stets auch die übrigen Zulassungsvoraussetzungen gemäss den kantonalen Vorgaben wie auch dem Krankenversicherungsgesetz und Krankenversicherungsverordnung zu beachten sind.

Jessica Geisseler
Consultant
Master of Law

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